Meine erste Reise mit PURNAM führte mich im Mai 2019 nach Muktinath. Nicht einmal im Traum hätte ich gedacht, was die Nepal- Pilgerreise in mir bewegen würde!
Nun bin ich dabei, meine erste offizielle Reise als Reiseleiterin vorzubereiten. Auch das ist ein Ausdruck meiner persönlichen Veränderung. Ich habe viel recherchiert zu Muktinath, Hintergründe über diesen Pilgerort in Nepal zusammengetragen und möchte dies mit euch teilen. Gestattet mir, zunächst von meiner Reise zu erzählen.
Ein Reisebericht von Heidi.
Muktinath - ein uralter, vedischer Pilgerort
Es war ein sonniger Vormittag, an dem wir die Stufen zur Tempelanlage erklommen. Am Wegesrand saßen hier und da Sadhus – Wandermönche bzw. Asketen. Sie waren schon von weitem erkennbar an ihren safranfarbenen Gewändern und den aufgetürmten Dreads. Einer schaute mir intensiv und lange in die Augen. In seinem Blick lag pure Liebe. Die Pilgerfreundin neben mir deutete seinen Blick allerdings als randvoll mit Marihuana.
Ich hatte vor meiner Reise nur eine abstrakte Vorstellung von so einem Pilgerort. Auf der bisherigen Reise hatten mich einzelne Orte bereits tief beeindruckt. Ganz besonders der allererste Blick auf die Achttausender überwältigte mich, aber auch das Kraftfeld eines sehr kleinen, alten Tempels. Da die Tempelanlage das ultimative Ziel unserer Pilgerreise war, war ich bei dem Aufstieg äußerst gespannt auf diesen uralten Ort.
Bad in den heiligen Quellen auf 3700m
Ich trug eine dünne Stoffhose und ein langärmeliges Shirt über einen Bikini. Ein Handtuch und Wechselwäsche lagen in meinen Rucksack. Schließlich wollte ich die 108 heiligen Quellen durchschreiten. Frauen führen dieses Reinigungsritual bekleidet durch.
Am Tempel angekommen war ich ganz überrascht von dem bunten, quirligen Treiben. Da war ein Farbenmeer von wehenden Saris der indischen Frauen. Auch Männer und ein paar Kinder wuselten herum, alle redeten lautstark durcheinander. Eine fröhliche Atmosphäre herrschte – wie auf einem Jahrmarkt.
An einer so bedeutenden, heiligen Gebetsstätte hatte ich eher eine ruhige und ehrfürchtige Atmosphäre erwartet. Ähnlich wie in den vielen Tempeln und Klöstern, in die uns auf unserer Pilgerreise Einlass gewährt worden war. Vor dem Haupttempel, vor Vishnus Angesicht wollten mich gleich mehrere indische Großfamilien mit auf ihrem Erinnerungsfoto festhalten. Dann erst erhielt auch ich Vishnus Segen.
Da mein Muktinath Besuch noch vor meiner Zeit als zähe Eisbaderin lag, wurde aus meinem geplanten, feierlichen Durchschreiten der heiligen Quellen eine recht zügige Angelegenheit. Das Wasser war eisig kalt. Dennoch stieg ich voller Entschlossenheit noch in eines der Tauchbecken- zumindest für ein paar ganz wenige Sekunden. Ich traute meinen Augen kaum, als Narada vor mir mit dem Kopf unter die Wasseroberfläche tauchte. Dazu hätte ich mich zu diesem Zeitpunkt echt nicht überwinden können.
Vom Wasser zum Feuer...
Vor dem Tempel gab es einige Feuerschalen. Hier nahm ich mir Zeit und führte ganz für mich allein mein ureigenes Ritual durch. Zum Zeitpunkt der Reise war mein Leben sehr herausfordernd und ziemlich aus der Bahn geraten, so dass es einiges gab, was ich an diesem besonderen Ort verbrennen und loslassen wollte.
Auch Ruhe und Andacht fand ich dann noch, als ich die natürliche Erdgasflammen aufsuchte. Das um sie errichtete Kloster lag ein Stück weit entfernt. Nur wenige Menschen waren da. Ich hatte den Raum mit der Flamme für mich ganz allein und meditierte tief versunken.
Der Pilgerort war für mich eine faszinierende Station auf einer überwältigenden Reise. Einiges an seelischem Gepäck konnte ich dort lassen.
Nepal verließ ich mit ganz viel Lebensmut und kam zurück als eine an der Schule des Lebens gereifte Frau.
Wissenswertes über den Pilgerort
„Mukti-Kshetra“ – das Feld der Befreiung ist ein bedeutender Pilgerort in Nepal, der sowohl für Hindus als auch für Buddhisten von großer Bedeutung ist. Die Tempelanlage in den Ausläufern des Himalayas liegt auf einer Höhe von 3.710 Metern am Fuße des Thorong La-Gebirgspasses, im Mustang-Distrikt Nepals. Die 3000 Jahre alte Stätte bewahrte über all die vielen Jahre eine spirituelle Atmosphäre, die Pilgern eine Kombination aus religiöser Erfüllung und Frieden in beeindruckender Natur bietet. Hier befindet sich einer der ältesten Tempel der indischen Hauptgottheit Vishnu in Nepal.
Einzigartig ist, dass hier alle fünf Elemente – Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther – auf natürliche Weise vertreten sind.
Als kulturelle Besonderheit vereint Muktinath hinduistische und buddhistische Traditionen. Der Ort ist ein herausragendes Symbol religiöser Harmonie.
Spirituelle Bedeutung für Buddhist:innen
Für Buddhist:innen gilt der Ort als einer der 24 gefeierten, tantrischen Orte und eine Manifestation von Avalokitesvara bzw. Chenresig, dem Bodhisattva des Mitgefühls. Der Dalai Lama gilt als eine Inkarnation dieser „Gottheit“.
Er wird außerdem mit Guru Rinpoche, auch bekannt als Padmasambhava, verbunden. Dieser gilt als Gründer des tibetischen Buddhismus. Es heißt, dass er hier meditierte, bevor er nach Tibet reiste, um den Buddhismus zu verbreiten. Diese Assoziation machen ihn zu einem wichtigen Ort der Meditation und spirituellen Erleuchtung für viele Buddhist:innen.
Buddhist:innen nennen den Ort „Chumming Gyatsa“. Auf Deutsch bedeutet das „Hundert Wasser“. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die 108 heiligen Wasserquellen, die als reinigend und segensreich gelten. (Die symbolische Zahl 108 hat in der östlichen Philosophie eine heilige Bedeutung.)
Auch die natürliche, brennende Erdgasflamme des Ortes verehren Buddhist:innen als Symbol von Reinheit. Dieses ewige Feuer wird beherbergt im Kloster Mebar Lhakang Gompa.
Spirituelle Bedeutung für Hinduist:innen
Für Hindus ist es einer der acht heiligen Orte, die dem Gott Vishnu gewidmet sind. Schon in den frühen hinduistischen Schriften des Mahabharata-Epos wird der besondere Pilgerort erwähnt. Vishnu gilt als Erhalter der Welt und sorgt für das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse.
Der Name „Muktinath“ bedeutet „Ort der Befreiung“. Hindus glauben, dass der Besuch dieses Tempels zu Moksha, also zur Befreiung vom Kreislauf der Wiedergeburten führen kann. Es wird angenommen, dass Vishnu den Gläubigen, die aufrichtig beten und ihn verehren, Segen und Erlösung gewährt.
Eine Besonderheit ist, dass es hier echte Shaligram Shilas gibt, die als Inkarnation von Vishnu verehrt werden. Shaligram Shilas sind als heilig angesehene, versteinerte Ammoniten, die im Flussbett der Kali Gandaki gefunden werden können. Sie werden in der Meditation und im religiösen Ritual verwendet, um den Geist zu konzentrieren und positive Energie zu fördern. Shaligrams sind in Indien sehr beliebt. Die hohe Nachfrage wird dort jedoch meist mit Fälschungen gedeckt.
Die heiligen 108 Wasserspeier
Rund um den Tempel befinden sich 108 im Halbkreis angeordnete Wasserspeier aus Messing. Sie alle haben die Form eines Stierkopfes und speisen eiskaltes Wasser der nahegelegen Kali Gandaki, einem der heiligsten Flüsse Nepals. Robuste Pilger:innen führen rituelle Waschungen unter diesem Quellwasser durch, was als Akt der spirituellen und karmischen Reinigung angesehen wird. Anschließend nehmen die Gläubigen Tauchbäder in den zwei heiligen Wasserteichen, den „Mukti Kunda“. Dieses Ritual ist ein wichtiger Bestandteil der Pilgerreise nach Muktinath.
Opfergaben an Vishnu im Tempel
Im Haupttempel befindet sich eine Statue von Vishnu als Shri Mukti Narayana. Allein das Ansehen dieser Gottheit wird als Akt der Verehrung betrachtet. Oft werden ihr auch Opfergaben dargebracht, um Segen und spirituelle Befreiung zu erlangen.
Verehrung der ewigen Flamme
Ein weiteres bedeutendes Ritual ist die Verehrung der natürlichen Erdgasflamme, die als heilig gilt. Hindus verehren diese Flamme als Jwala Mai, die Göttin des Feuers.
Buddhist:innen sehen die Flamme als Symbol der Reinheit und meditieren in dem Tempel, der um sie herum errichtet wurde.
Wo Pilger zu Trekkern werden und Trekker zu Pilgern
Pilgertourismus:
Muktinath zieht Tausende von Pilger:innen aus Indien und Nepal und anderen Teilen der Welt an. Oft nehmen sie lange und auch beschwerliche Reisen auf sich, um diesen heiligen Ort zu besuchen. Die Pilger:innen kommen zu Fuß, mit Maultieren oder sogar mit Hubschraubern. Auf der Suche nach Befreiung gilt es als höchst wünschenswert für Hindus einmal im Leben Muktinath aufzusuchen. Auch viele buddhistische Mönche und Gläubige reisen an die Gebetsstätte als Teil ihrer spirituellen Praxis.
Trekkingtourismus:
Es ist nicht nur ein heiliger Ort für Hindus und Buddhist:innen. Die Stätte markiert auch eine wichtige Station auf dem Annapurna Circuit, einer der bekanntesten Trekkingrouten Nepals. Da sich die Tempelanlage westlich des Thorong La befindet, dient sie meist als Ziel nach der anspruchsvollen Passüberquerung. Jährlich gehen 100.000 Trekkingtourist:innen den Circuit.
Trekker:innen können die spirituelle Atmosphäre auf sich wirken lassen, die Tempel erkunden, Innenschau halten und ihre Tour reflektieren. Oder auch nur einen wohlverdienten Ruhetag einlegen, um sich von den Anstrengungen der Wanderung zu erholen.Für gläubige Pilger:innen, insbesondere diejenigen, die zu Fuss kommen, bietet es sich an, die Trekking-Infrastruktur des Annapurna Circuit zu nutzen.
Jimi Hendrix und Bob Marley zu Besuch in Muktinath?
Es gibt Hinweise darauf, dass einige berühmte Hippies den Ort besucht haben. Wahrscheinlich mit dem Hippie-Trail in Nepal, der durch das Annapurna Gebiet führt. Jimi Hendrix wird nachgesagt, dass er den Ort im Oktober 1967 aufgesucht hat. Bob Marley soll der Pilgerstätte ebenfalls die Ehre erwiesen haben. Ich habe zwar keine gesicherten Beweise für seinen Aufenthalt in Nepal gefunden, aber die Legende besagt, dass er in einem Hotel übernachtete, welches später nach ihm benannt wurde.
Habe ich euch neugierig gemacht? Dann freue ich mich auf eure Teilnahme.
Es wird überwältigend, versprochen!
Herzensgrüße eure Heidi