Hanuman hat es mir seit geraumer Zeit angetan. Dabei muss ich gestehen, am Anfang meines Yogaweges konnte ich mit dem Affengott nicht viel anfangen. Hingabe? Bedingungslose Liebe? Schön und gut… Klingt super, doch das Leben lehrt uns doch was anderes… Oder? Dann absolvierte ich eine Ausbildung zur Bhakti-Yogalehrerin. Heute weiß ich, sie war ein Game Changer. Denn sie zeigte mir, was Hingabe und bedingungslose Liebe wirklich bedeuten.

Gedanken dazu von Tara 
(Die Fotos sind von unseren Reisen nach Indien, Nepal und Sri Lanka.)

Die Geschichte von Hanuman

Der Affengott Hanuman als vergoldetet Statue
Hanuman - in Indien wird der Affengott sehr verehrt

Hanuman ist in Indien Sri Lanka und auch in Nepal allgegenwärtig. Was hat es auf sich mit diesem Affengott? Warum wird er so verehrt?

Hanuman wurde als Sohn des Windgottes und der Göttin Anjana Devi geboren. Von seinem Vater bekommt er unendliche Kraft, von seiner schönen Mutter bedingungslose Liebe in die Wiege gelegt. Im großen indischen Epos Ramayana wird seine ganze Lebensgeschichte beschrieben.

Hier möchte ich euch einen kleinen, aber sehr wesentlich Abschnitt seines Lebens erzählen. Sie beginnt mit Ramas Schicksal. Rama, eine Inkarnation von Vishnu, steht als leiblicher Sohn des verstorbenen Königs eigentlich die Krone am Königshof Ayodhya zu. Er inkarniert, weil er für Gerechtigkeit auf der Welt sorgen sollte. Doch seine Stiefmutter intrigiert gegen ihn. Sie will ihren eigenen Sohn Bharata, Ramas Stiefbruder, zum König krönen.

Tatsächlich gelingt es ihr, Rama 14 Jahre lang in einen Wald zu verbannen. Rama nimmt sein Schicksal an. Begleitet von seiner wunderschönen Frau Sita und seinem Bruder Lakshmana kämpft er gegen das Böse, vernichtet Dämonen und Ungeheuer und vollbringt mit seinen Getreuen viele gute Taten.

Den Dämon Ravana kann er allerdings nicht bezwingen. Im Gegenteil. Der böse Dämon raubt Ramas Frau Sita mit Hilfe einer üblen List. Als die Liebe seines Lebens nicht mehr an seiner Seite ist, schwindet alles seine Kraft, sein Gerechtigkeitssinn und auch sämtliche Freude aus Ramas Leben. Stattdessen übermannen ihn grenzenloser Verzweiflung über den Verlust.

Im Wald begegnet Rama dem General des Affenheeres Hanuman. Er bittet ihn um Hilfe. Hanuman wusste zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht viel von seinen übermenschlichen Fähigkeiten. Erst in seiner grenzenlosen Hingabe vollbringt er schier Unmögliches. Er findet Sitas Aufenthaltsort auf Sri Lanka, wo sie vom Dämon Ravana gefangen gehalten wird.

Nun scheuen die Affen die unendliche Weite des großen Ozeans. Aber ohne über die (angebliche) Unmöglichkeit nachzudenken, nimmt Hanuman Anlauf und springt von Indien nach Sri Lanka, um Sita zu befreien. (Manchmal wird die Geschichte auch etwas anders erzählt, aber das ist in Indien halt so. ;-))

Was können wir noch heute aus der Geschichte lernen?

Roter Hanuman in Rishikesh
Roter Hanuman in Rishikesh

Hanumans Superkräfte sind menschliche Stärken. Die können auch wir aktivieren, wenn wir sie brauchen.

Kennt ihr den gut gemeinten Rat, sich ein dickes Fell wachsen zu lassen, um die Unannehmlichkeiten des Lebens abprallen zu lassen? Oder das Gegenteil: Zu klagen, dass die Haut immer dünner werde. Wäre es wirklich einfacher gegen Gefühle wie Trennung, Verlust, Schmerz und Ohnmacht immun zu sein? Ich glaube nicht.

Erst wenn wir lernen, die herausfordernden Seiten des Lebens anzunehmen, können wir unser Leben gestalten. Oft geben uns nur diese schwer zu ertragenden Lebenssituationen die Chance, die Qualitäten des Affengottes zu entwickeln und unser Leben zu formen.

Ein gezeichneter an die Wand gezeichneter Hanuman
Überall in Indien begegnen uns Hanuman-Darstellungen
Stark sein wie Hanuman

Als Hanuman Sita aus den Fängen Ravanas befreit hatte, war sie schwer krank. Nur ein seltenes Heilkraut aus dem Himalaya konnte sie retten. Von Sri Lanka bis zum Himalaya ist es aber sehr weit und so wollte schon so mancher aufgeben. Da erinnerte sich Hanuman an sein Superkräfte und flog einfach zum Himalaya, um dort das besondere Kraut zu besorgen. Angekommen im Himalaya, wollte er das Heilkraut pflücken. Aber o Schreck, der General der Affen erinnerte sich nicht mehr genau an die Pflanze. Vor lauter Verzweiflung vergrößerte er mit seiner Willenskraft seinen Körper um ein Vielfaches und nahm kurzerhand einfach den ganzen Berg mit. Auf Sri Lanka konnte dann die richtige Pflanze geerntet werden und Sita wurde wieder gesund. 

Hanuman springt ohne Zögern nach Sri Lanka, fliegt ins weit entfernte Himalaya und versetzt Berge!

Was machen wir nach einer Trennung, nach einem Verlust? Um nicht in den negativen Gefühlen zu versinken, nehmen wir ab… oder zu, verändern wir unser Outfit verändern, gehen vielleicht zum Friseur gehen… Das sind zwar Anfänge, aber reicht das?

Nutzen wir doch unsere Kraft, um vom Berggipfel in die Weite der Leere hineinzuschauen. Erst wenn wir Raum entdeckt haben, kann er mit Neuem gefüllt werden. Dann können wir vielleicht sogar fliegen. (Zumindest nach Indien zu Hanuman. ;-))

Willenskraft entwickeln
Roter Affengott trägt einen Berg

Hanuman überlegt nicht lange: Er will nach Sri Lanka Also  nimmt Anlauf und springt. Er aktiviert seine Willenskräfte und fliegt in die hohen Berge des Himalayas. Ok, wir haben nicht solche exorbitanten Superkräfte. Dennoch: Mach dir klar, was du willst. Was du wirklich willst. Du bist dir nicht sicher? Dann wirf eine Münze. Kopf oder Zahl? Wenn die Münze in der Luft ist, weißt du die Antwort.

Geschicklichkeit und Flexibilität herausfordern
gezeichnete Hanumanasana
Mit Geduld und Flexibiltät kann (fast) alles gelingen

Hanuman führt ein Heer von Affen an, das sich vor dem Ozean fürchtet. Wie also soll er auf die Insel kommen? In einer anderen Version der Geschichte, baut er eine Brücke von Indien nach Sri Lanka, von der heute noch Reste zu erahnen sind, wenn du von Sri Lanka nach Indien hinüber schaust. 

Wie auch immer: Mangel erzeugt Kreativität. Erinnere dich an Situationen in denen du Mange hattest: zu wenig Zeit, Geld oder gar zu wenig Freunde. Was ist passiert? Konntest du deine Kreativität und Geschicklichkeit nutzen? Vielleicht nicht immer, aber wenn es dir gelungen ist, freute es dich bestimmt, die Situation gemeistert zu haben.

Dafür steht auch die Hanumanasana, die du nicht mal ansatzweise wie auf dem Bild beherrschen musst. (Kann ich auch nicht.)  Die Richtung bzw. der Weg ist wichtig. Vielleicht gelingt nicht alles beim ersten Mal. Vielleicht gelingt diese Pose nie richtig. Anyway. Aber ganz bestimmt wirst du mit jedem Versuch geschickter, flexibler und kommst ein Stück weiter auf deinem Yoga- und auch Lebensweg.

Bleibe hartnäckig!
Der hier steht in Dehli
Der hier steht in Dehli 🙂

Es liegt in der menschlichen Natur, dass wir uns freuen, wenn uns etwas leicht von der Hand geht. Aber bringt uns das weiter? Nicht zwangsläufig. Wenn wir von Herzen überzeugt sind, etwas realisieren zu müssen, sollten wir es mehrere Male probieren. Erst nach einigen erfolglosen Versuchen ist Innehalten nötig. Vielleicht ist der eingeschlagene Weg nicht der richtige.  Vielleicht musst du in eine andere Richtung gehen, vielleicht deine Grenzen besser kennenlernen. Für richtige Entscheidungen müssen wir Fehler machen dürfen. Wir lernen daraus. Deshalb lass Fehler zu, bleibe hartnäckig und werde flexibler. (Wie bei der Hanumanasana ;-))

Sei offen!
Riesige Hanuman-Statue auf Sri Lanka
Riesige Hanuman-Statue auf Sri Lanka

Der verzweifelte Rama suchte Sita in Indien. Hanuman war offen, weitete seinen Blick und fand sie schließlich in einem anderen Land.

Oft existiert so ein „anderes Land“ in unseren Gedanken gar nicht. Wie oft sage ich in meinen Yogastunden: „Lass los, um  Raum für etwas Neues zu schaffen.“ Leichter gesagt als getan. Dennoch: Es ist wichtig, sich bewusst für neue Sichtweisen zu entscheiden. Den Blick zu weiten. Damit ist nicht gemeint, sich nur das 3. Auge öffnen zu lassen und dann zu warten, dass etwas geschieht. Öffnung braucht aktives Tun, Kraft und Hartnäckigkeit.

Vertraue!

Was wären wir Menschen ohne Vertrauen? Hanuman vertraute seinen Fähigkeiten, die er nicht einmal genau kannte. Vertrauen sollten wir in jeden Neuanfang einbringen, sei es eine Beziehung, ein Projekt, ein neuer Job…  Ohne Vertrauen ist alles nichts. Aber wenn wir vertrauen, was für ein Geschenk! Letztlich kannst du auch in eine höhere Kraft, Gott, das Universum  – oder wie immer du diese Kraft bezeichnen magst – vertrauen.

Bedingungslose Liebe und Hingabe
Der Affengott auf eine Mauer gemalt.
Der Affengott - immer wieder liebevoll an Mauern und Wände gemalt.

Hingabe braucht Mut. Hanuman reißt sich sogar das Herz auf, um Rama und Sita dort zu tragen. 

Wir müssen uns nicht nur der Liebe, sondern auch an dem Verlust hingeben. Hanuman lehrt uns, was bedingungslose Liebe wirklich ist. Mit aufgerissenem Herzen dem Leben mutig entgegen treten. Mit den Superkräften des Affengottes spielen, um das Leben zu meistern. Das wird nie frei sein von Verlust, Einsamkeit, Leere. Egal, wie viel Yoga wir praktizieren und unser Herz öffnen.

Der Yoga hilft uns aber, mit den schweren Seiten des Lebens umzugehen. Wir lernen, die Leere zu akzeptieren und vielleicht sogar zu lieben, wir lernen die Hingabe an den Verlust. Denn erst dann erfahren wir: Das, was wie ein unüberwindbares Hindernis vor uns steht, kann uns schenken, worauf wir immer gehofft haben.

Herzensgrüße, Namastè, in Liebe
Deine tara@ournam.de (Wenn du Fragen hast, frag!)

Quelle zu den Stärken Hanumans – Birgit Pöltl: „Der Affengott Hanuman und seine sieben Qualitäten“ auf Yogamehome.

Wenn du noch mehr über lesen möchtest: Hanuman – Halbgott in Affengestalt

Noch ein kleiner Nachtrag: Im Westen ist Krishna Das ein bekannter Anbeter Hanumans. Er tritt immer im rotem T-Shirt auf, die Farbe des aufgerissenem Herzens, indem Rama und Sita ruhen. Eine 40-strophige Hymne an den Affengott hat er bei uns bekannt gemacht. 

Krishna Das fand seinen Yogaweg, als er im indischen Bundesstaat Kumaon am Neem Karolin Baba Ashram vorbeikam. Er war so angetan von der Herzenswärme des Meisters, dass er dort einige Jahre Bhakti-Yoga praktizierte. Unsere Reise im September führt uns in diesen Ashram. Möchtest du mitkommen?

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